Jobu VII

“Und Siehe! Siehe die Kräuter und Blumen, die Wiesen und Bäume, die Flüsse und Forellen. Vor allem die Forellen. Zusammen mit den Kräutern. Da verbindet sich alles und Jobu erwacht mit einem fröhlichen Schmatzen. Forelle Jägerin Art. Oder Blau. Oder Gebacken mit feiner Kruste und duftenden Kartoffeln. Niemals aber sollt ihr von den Früchten des Meeres kosten. Denn diese haben einen zu weiten Weg hierher in die Berge. Nur in Öl vielleicht. Dann sind sie aber nicht so lecker. Nein, gar nicht mehr so lecker. Und merke: Wer Jobu erzürnt mit Unleckerem, der soll aus dem Kelch des Hasses trinken, bis er platzt.”

So sprach der dumme Erzechiell, falscher Schweinepriester des Jobu mit fischigem Atem. Und weil er so Böses sprach und so falsches Zeugnis wider Jobu und seine Lehren wurde er in die tiefste Hölle verbannt: Die Hölle des Fast Food, der latschigen Kartoffelstäbchen und fettigen Fleischklopse mit schlechtem Dressing. Dort soll er seine Tage mit Schmachten verbringen. Nimmermehr soll er Wohlgerüche erfahren ausser dem Braten, der allwöchentlich verlockend an seinem Pfahl vorbeigetragen wird. Auf diesem Pfahl muss er sitzen und in enger Haltung sein Schreckliches Gewölle auslöffeln. Und niemals wird er je wieder das Licht von Jobu erblicken, denn er findet sich am Antigastropoden des Universums. Keine Hoffnung gibt es für all jene, die dort darben müssen noch Erlösung von der Pein. Unendlich weit entfernt sind die Küchen des heiligen Jobu, unerreichbar die Vorratskammern des HERRN.
Denn jeder Gutgläubige weiß doch, dass Forelle ganz scheußlich schmeckt. Besonders Forelle Blau.

[Aus: “Die Apokryphen des Jobu:: Schandflecke der Lehre”, Band I, Kapitel 3, Vers 5]

Jobu VI

“Und Hepziba bat Jomm zum Essen und sagte zu ihm: “Nimm von dem Brot und tauche es dort in den Essig”. Und Jomm nahm den Krümel auf, tauchte ihn in den Essig, aß und sprach: “Lecker.” Dann stand er auf und ging davon” [Aus: “Das Leben mit Jobu”, Kapitel 1, Vers 10]

Der Meister sprach:
Was will uns Jobu mit dieser kurzen Geschichte sagen? Viel, nehmt ihr an, meine Schafe, und doch wißt ihr nicht so recht, was genau. Hepziba freut sich sehr über Ihren Besuch und bietet ihm das Beste in Haus und Hof an. Essig und Brot. Feine Dinge. Vielleicht hat sie sogar sexuelles Interesse an Jomm und will Ihn damit locken? Das interessiert uns erst zu späterer Stunde. Doch mag Sie Ihn wirklich? Warum bietet sie nur eine kärgliche Vorspeise an? Jobu liebt ausladende Tische, vollbeladen mit Köstlichkeiten. Geht Jomm deswegen wieder so schnell davon? Ist Hepziba vielleicht nur eine geizige Schlampe? Und bleibt deswegen allein? Armer Jomm. Brot und Essig. Furchtbar muss der Zorn Jobus in Jomm gekocht haben ob der Dreistigkeit der alten Hepziba. Grauenhaft geknurrt hat Jobu in Ihm und sein Zorn muss schrecklich gewesen sein. Denn sehet, was vorher geschah:
“Und Jomm entstieg seinem Nachtlager, wusch sich und kämmte sich das volle, braune, lockige Haar, bis es wie feine Wellen von seinen muskulösen Schultern glitt und sich um die Muskeln seine gewaltigen Bizeps ringelten. Diese Anstrengung hatte ihn hungrig gemacht und deshalb begab er sich zur Andacht in die Küche.” [[Aus: “Das Leben mit Jobu”, Kapitel 1, Vers 9].”

“Armer, hübscher Jomm. Wird von dieser dummen Ziege Hepziba so mißlich behandelt. Armer, armer, schöner, leckerer Jomm”, sagte der Meister und seine Augen glühten.
“Und sehet, was der erzürnte Jomm als nächstes tat:”

“Da ging Jomm davon und setzte sich zu seinem guten Freund Kiseleas. Sie umarmten sich, wie es Freunde tun und streichelten sich gegenseitig Brust und Bauch. Auch kraulten sie sich liebevoll die Haare und küssten sich auf dem Mund. Und Kiseleas speiste seinen Freund auf das vortrefflichste und beide schmausten vergnügt so manche Stunde.” [Aus: “Das Leben mit Jobu”, Kapitel 1, Vers 11]”

Und der Meister sprach weiter:
“So, meine lieben Zicklein, so soll es zwischen Brüdern sein, auch wenn sie Glaubensbrüder sind. Denn Jobu ist großzügig. Und Hepziba wurde ausgestoßen und lange Zeit gab es keine Schwestern mehr, die mit Jobu waren, sondern nur Brüder, die voll von IHM waren. Doch die Zeiten ändern sich und heute begrüßen wir auch wieder Schwestern in unseren Reihen; wohl auch, damit es wieder leckere Kuchen und Törtchen gibt, denn vom ewigen Grillfleisch hängt mir schon die Zunge zum Halse heraus und mir wird speiübel.”

So sprach der Meister, steckte sich einen Finger in der Hals und erbrach sich geräuschvoll auf den Teppich.
Dann schritt er zum späten Morgenmahl, das vor dem frühen Mittagessen und gleich nach dem Zweiten Frühstücksnachschlag serviert wurde.

Atlantis — Eine kurze Genese

Platon (360 v. Chr.): griechischer Philosoph und passionierter Scherzkeks. Denkt sich eine fiktive Schlacht der Athener gegen eine angeblich unaufhaltsame Supermacht “westlich der Säulen des Herkules” aus. Mit anderen Worten also “jdw” (janz weit draussen). Dann beschreibt er die Insel Atlantis mit Kreisen, Göttern, Herkunft und politischem System. So ähnlich wie Tolkien, nur weniger detailliert und im allgemeinen ohne Hobbits. Man vergleiche nur mal die Beschreibung bei Platon:
“In einer weiten Ebene erhebt sich ein gewaltiger Hügel, über den hin der größere Teil der Stadt erbaut ist. Ihre vielfachen Ringe aber erstrecken sich in eine beträchtliche Entfernung vom Fuße des Berges. […] Sie ist in sieben riesige Kreise oder Ringe eingeteilt, die nach den sieben Planeten benannt sind.”
Hier die Beschreibung von Minas Tirith:
“Minas Tirith liegt auf dem 200 Meter hohen Berg der Wacht, der über einen Sattel mit dem Berg Mindolluin verbunden ist. Jeder der sieben konzentrischen Mauerringe, die die Stadt schützen, wird durch eine gigantische Felsformation in Form eines Keils in zwei Hälften geteilt, sodass in jedem Ring ein Tunnel unter dem Keil hindurchführt, um die Hälften zu verbinden. Über der siebenten Ebene erhebt sich schließlich der rund 90 Meter hohe Weiße Turm Ecthelions.” (Quelle ist irgendein Wiki, kann jeder selber in 0,5 Sekunden finden).
Kein normaler Mensch kommt jetzt auf die Idee, dass Tolkien da historische Tatsachen beschreibt. Im maximalsten Fall hat er halt bei Platon abgekupfert, oder sich die Kasperbude Minas Tirith selber aus den Fingern gesaugt. Daß die Welt voller Idioten ist, werden wir im Laufe dieses Artikel noch sehen.
Doch nun zurück zu Platon:
Vermutlich meinte er es nur gut und wollte irgendwas didaktisches anstellen mit seinen Dialogen “Timaios” und “Kritias”. Der Scherz wird in seiner Zeit noch verstanden, denn weder direkt vor noch nach Platon kann sich sonst irgendeine Sau an diese tolle Schlacht erinnern. Rein markentingtechnisch müsste sowas sonst an jeder Säule stehen. Siehe auch Xerxes, “300” etc. .

Krantor von Soloi (275 v. Chr.): Der erste überlieferte Hirni, der den Gag nicht geschnallt hat. Hinterläßt seinem guten Freund Arkesilaos 12 Talente, den Gegenwert von 12 Segelschiffen, 240 Sklaven (durchschnittlicher Qualität) oder 1000 Paar Schuhen (Blanikos). Weitere Hinterlassenschaften: “Atlantis gabs wirklich, echt jetzt, ohne Scherz, Mann, bei Platon stehts ! Kein Scheiß!”

Poseidonios (135 v. Chr.): Führt die Dödelparade weiter an, war unter anderem ein bekennder Arschkriecher in römische Allerwerteste. Bedeutende Leistungen waren unter anderem die fehlerhafte Berechnung des Erdumfangs, die dann fleissig von Ptolemaios et al. propagiert wurde und zu zahlreichen Katastrophen wie dem nautischen Totalausfall Christoph Columbus führte . Weiter war er ein leidlich begabter Rassist: “Germanen sind irgendwie groß, doof und fressen viel, Mittelmeerleute sind klein, braun und feige.”

Plinius der Ältere (23 n. Chr.): Hält die tatsächliche Existenz von Atlantis für ausgemachten Schwachsinn. Seine Leistungen sind einigermaßen beeindruckend, sein naturwissenschaftliches Werk “Naturalis historia”, sowie seine in der Folge oft zitierte und damit wichtige Geschichtsquelle über die Germanenkriege zeugen Bände von Gelehrsamkeit. Starb, wie ein Wissenschaftler sterben sollte, bei dem Versuch, den Ausbruch des Vesuvs zu beobachten an einem Herzinfarkt. Ihm wird das Zitat “in vino veritas” zugeschrieben.

Nach den barbarischen Zeiten, die dem Aufstieg der Kirche des Lattengustls folgen und in dessen Verlauf sich kein Schwein mehr für Atlantis interessiert, sondern vielmehr für weitaus realistischere Dinge wie Hexen, Kobolde, Satan und seine Dämonenscharen sowie für aggressive Expansionspolitik mit ausgedehnten Kollateralschäden (kleinere Dinge wie Kultur, Bildung, Menschlichkeit), wird die Kiste dann ausgerechnet durch Christoph Kolumbus bzw. einen seiner Zeitgenossen Bartolomäus de Las Casas wieder aufgemacht.

Bartolomäus de Las Casas: Der “Berti von den Häusern”, altertümlicher Ausdruck für einen Hausmeister. Priester. Behauptete eines Morgens aus einer Bierlaune heraus, Amerika sei der Überrest von Atlantis.

Es folgen eine Reihe von Typen, die das weiter spinnen, teilweise wieder, um Platons ursprünglichen Plan einer Utopie zu benutzen und zu erweitern (1516, Thomas Morus: “Utopia”).
Francis Bacon versaut es dann 1624 wieder komplett und schwafelt in seinem “Nova Atlantis” von Patriarchat, christlicher Sittenstrenge usw. Angeblich fehlt die Sozialkritik da nur deswegen, weil der “schwer drogenabhängige Francis” (W. Moers) vorher den Löffel weggelegt hat.

Von da an gibts kein Halten mehr, Die “Arschgeburt Atlantis” (Marcel Reich Ranitzki) geistert im 16. und 17. Jhr. durch allerlei mehr oder minder gut gefüllte Birnen und wird wahlweise als Idealstaat mit “Recht und Ordnung”, sowie beliebig auf der politischen Landkarte auch mal in Schweden bzw. Mannheim vermutet. (Olof Rudbeck, “Atland eller Manheim”).

Auftritt der Verbindungsmaschine Internet, die alles mit allem verknüpft. Da wird Atlantis dann zur Keimzelle sämtlicher Kulturen und das natürlich weltweit. Die Zerstörung desselben wird dann als mahnender Zeigefinger für wahlweise “Sünde”, “Überheblichkeit”, “Größenwahn” und “Strafe Gottes” eingesetzt. Und die Reste der Atlanter bzw. deren Wissen (das zumindest ist ein neuer Aspekt, früher ging es nur um Kreise und Ringe und Bodenschätze und so) wird bei den Mayas, Ägyptern, und vermutlich auch bei den Schweden “wiedergefunden”. Der geneigte Leser kann sich mit Hilfe einer Suchmaschine seiner Wahl selbst ein Bild vom “Irrsinn Atlantis” (G. Grass) machen.

Wenn Platon gewußt hätte, in welche Abgründe er verwirrte Geister stürzen würde mit seinem Randwitz .. Aber das konnte noch nicht mal Platon ahnen. Die arme Sau.

Schlechte erste Sätze für einen Roman

1. Mit klammen Fingern zog sich der Froschmann ans Ufer. Dies war mit Sicherheit seine letzte Mission im Dienst ihrer Majestät gewesen. Nie wieder würde er einer Frau vertrauen, die so schön und geheimnisvoll war wie Lucy Malone ..

2. Whammm, eine linke Gerade zuckte seinem Auge entgegen und entfesselte höllische Schmerzen in seinem Schädel, wie Chili, dass zu lange gekocht in einem Topf voller Carne den Kindergeburtstag versaute.

3. John betrachtete die Wand. Dabei war es so gar nicht die weiße, gerade Fläche, die ihn fesselte. Vielmehr blickte er nach innen, in ein Meer aus Unsicherheit und vertanen Chancen, das ihm trübe entgegen schwappte.

4. Myriam blinzelte die Tränen fort. Er hatte sie so unvorbereitet getroffen, dass sich ihr Magen in einem schmerzhaften Knoten zusammenzog. Jetzt saß er da, dieses Schwein, diese elende Drecksau und suhlte sich in seiner kühlen Überlegenheit, während sie am liebste heulend zusammengebrochen wäre. Doch sie würde nie wieder schwach sein. Das schwor sie sich an diesem Tag, an dem ihre Freiheit begann.

5. Dunkelheit zischte zwischen den großen Bäumen, die bedrohlich in der Finsternis der sternenlosen Nacht standen, wie stumme Wächter aus einer längst vergangenen Zeit. Roland packte sein Schwert fester.

6. Ich

7. Eine Explosion durchzuckte, peitschte, brannte sich, brandete, heulte, flog kreischend, donnerte durch den hell erleuchteten Tag

Der Unsichtbare und die CIA

Als mich unlängst ein drängendes Gefühl zur Nahrungsaufnahme beschlich, beschloss ich, selbiges in einem Speiselokal der einfacheren Art wohlwollend zu empfangen und wählte ein Etablissement aus, dass sich selbst als Hähnchenbraterei beschrieb. Ein gebratenes Geflügelprodukt war flugs gewählt und ein kleines wackeliges Tischchen nebst einiger Stühle sollte meinen Ansprüchen einer schnellen und dennoch genussvollen Verbringung der kleinen Mahlzeit genug sein. Wenige Augenblicke nach Beginn des Kaurituals bat mich eine ältere Dame von etwas angeranztem Äusseren darum, ebenfalls Platz nehmen zu dürfen. Unhöflichkeit ist meine Sache nicht, obgleich mich ein ungutes Gefühl beschlich, wie ich ihr so beim Vorgang des Hinsetzens zusah. Wackelig. Unsicher. Dann folgte stummes Kauen auf beiden Seiten, wobei ich sorgfältig darauf achtete, nicht allzu sehr in ihren gierig aufgerissenen Schlund zu starren, in dem das arme und vormals so lebendige Huhn sein unverdient grausames Ende fand.
Mich von diesem Anblick losreissend versank ich kurz in tiefe Meditation, um meine innere Schönheit wiederzufinden. Sodann schien die Welt wieder in Ordnung zu sein, die Sonne schien und mein eigenes Hähnchen verströmte einen betörenden Duft nach Gewürzen und knuspriger Gebratenheit, dem ich mich nun unbeeindruckt etwaiger Fremdwahrnehmung widmen wollte.
Da jedoch sprach die Dame unversehens und ungebeten folgendes:
“Mein Ex-Mann hat mich bestohlen.”
Ich sah von meiner Beschäftigung auf und drückte murmelnd meine Bestürzung über solche Dreistigkeit aus. Ein kleines Stimmchen in meinem Kopf raunte mir zu, mich nicht weiter auf die Sache einzulassen. Es gäbe da gewisse Anzeichen im Verhalten meines Gegenübers, die zur Vorsicht gemahnten. Die weit aufgerissenen Augen etwa. Das hektische Zappeln der fettverschmierten Hände. Das Stück Hähnchenfleisch, das die Aussprache der Dame zitternd begleitete und teilweise aus der Mundhöhlung zu entkommen versuchte.
In meine Richtung.
Mein Appetit zügelte sich unversehens.
“Mein Ex-Mann hat mich bestohlen. Gerade eben. Schauen Sie, ich hatte 50 Euro in meinem Bauchgürtel und die sind nun weg. Schauen Sie.”
Eine grauenhafte Ahnung beschlich mich, die kurz darauf bestätigt wurde, als sie ihren schmuddeligen Pullover anhob und darunter ein braun-grauer Bauchgürtel sichtbar wurde, an dem sie zu nesteln begann.
Es war an der Zeit, einzuschreiten, sollte aus dieser Sache noch etwas werden.
“Gute Frau”, hob ich an, “wie soll denn ihr ehemaliger Gemahl eine solch unerhörte Tat begangen haben, wenn sie ihr Geld dermassen am eigenen Leibe vertäut mit sich herumtragen? Er müsste schon ein begnadeter Beutelschneider sein, um solches in hellem Tageslicht auf einer belebten Gasse zustande zu bringen.”
“Er ist unsichtbar, wissen sie. Er besucht mich auch nachts, wenn ich schlafe und bringt meine Sachen durcheinander. Er terrorisiert mich damit schon seit Jahren, der elende Hund.”
Damit war die Sache für mich klar, ich liess mit Bedauern von meiner Speise ab, wischte mir sorgfältig die Hände sauber und beschloss, das Beste aus der verfahrenen Situation zu machen.
“Erzählen Sie mir mehr davon, das klingt sehr interessant”, log ich geschmeidig und beugte mich, Aufmerksamkeit vortäuschend leicht nach vorne.
“Er bestiehlt mich regelmässig, genau wie meine unsichtbaren Kinder. Die wollen mich einsperren, aber heute darf ich spazieren gehen, wissen sie. Wegen der Drogen.”
Und während ich noch kurz versuchte, die beiden scheinbar nicht miteinander verwobenen Gedankengänge eines durch Drogenkonsums begründeten Ausgangs aus einer in diesem Fall unglücklich gewählten Anstalt mit offenen Vollzug, sowie der Tatsache des Diebstahls durch den Unsichtbaren und dessen Kinder zu verbinden, plapperte sie munter weiter.
“Ja, die Pharmaindustrie hat mich kaputt gemacht. Und das nur, weil ich mich in den USA gegen die Überwachung durch den CIA gewehrt hatte.”
In meinem Kopf formte sich kurz der Gedanke, ihr zu erzählen, dass ich in eben jener Industrie tätig und gleichzeitig ein CIA-Agent sei, der zu ihrer Überwachung abgestellt war, verwarf diese Idee aber wieder, als ich beobachtete, mit welcher Hingabe sie das Hähnchen vor meinen Augen in kleine Fetzen riss. Möglicherweise war Provokation in diesem Fall das falsche Mittel, Verständnis sollte mir wohl besser bekommen.
“Ja, ja”, murmelte ich, “der CIA ist ja dafür bekannt, dass er jede Provokation brutalstmöglich im Keime zu ersticken sucht.”
Ob sie denn durch den geheimen Tunnel von Atlantis in die USA gereist sei, wollte ich wissen, aber da winkte sie schon ab und sagte, dieser Tunnel sei ein Wahngespinst. Mein kleiner Funke Hoffnung, diese Situation könne sich in der Tat als Scherz abtun, als versteckte Kamera vielleicht oder der private Spass eines Schelms, verglomm jäh, als sie mir von dem echten Tunnel nach Amerika berichtete, der zwischen Tibet und den Anden verlief.
Und nein, er würde nicht die Alpen kreuzen, sie sei schon einmal in der Schweiz gewesen, und die typischen Lamas, die einen solchen Zugang dem Eingeweihten anzeigten, seien dort nicht zu finden gewesen.
Mein Appetit war nun gänzlich verschwunden und nach einem kurzen und äusserst bizarren Ausflug zum Planeten Nibiru und den Lichtkörpern der Maya, dessen Einzelheiten ich zu meiner grossen Erleichterung wiederzugeben nicht in der Lage bin, sah sie auf ihre Uhr, kniff die Augen zusammen und begann, in ihren zumindest in Ansätzen vorhandenen Bart zu stottern. Sie sei zu spät. Mein Entsetzen erlaubte mir nur ein kleines Nicken, während ich ein weisses Kaninchen vor meinem geistigen Auge vorbeihoppeln sah, das ebenjenes murmelnd, in Richtung Loch verschwand. Abrupt stand sie auf, entschuldigte sich für den Tee und verschwand im Gemenge.
Seitdem ist mir der Genuss von gebratenem Hähnchen nicht mehr schmerzfrei möglich.

« Older posts

© 2024 Schreibbloggade

Theme by Anders NorenUp ↑